Im Rahmen des Gesamtkonzepts der Insolvenzordnung soll der Insolvenzplan den bisherigen Zwangsvergleich und den Vergleich nach der Vergleichsordnung ersetzen. Er ermöglicht den Verfahrensbeteiligten eine abweichend von den gesetzlichen Regelungen der Insolvenzordnung abweichende Verfahrensabwicklung, dabei insbesondere zum Erhalt des Unternehmens (§ 1 InsO). Auf der Grundlage der Gläubigerautonomie können die Beteiligten Insolvenzen flexibel und wirtschaftlich effektiv abwickeln. Dazu können sie die Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubigerinnen und Gläubiger, die Befriedigung der Insolvenzgläubigerinnen und -gläubiger, die Verwertung der Masse und deren Verteilung an die Beteiligten sowie die Haftung der Schuldnerin oder des Schuldners nach Beendigung des Verfahrens im Rahmen der allgemein geltenden gesetzlichen Vorschriften regeln.
Ein Insolvenzplan kann nach der Reform der Insolvenzordnung durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte nunmehr sowohl im Regelinsolvenz- als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren vorgelegt werden, Art. 103 h EGInsO.

1. Vorlageberechtigung

Das Recht zur Vorlage eines Insolvenzplans steht der Insolvenzverwalterin oder dem Insolvenzverwalter sowie der Schuldnerin oder dem Schuldner zu (§ 218 Abs. 1 InsO). 
Darüber hinaus hat die Gläubigerversammlung (§ 74 InsO) die Möglichkeit, in der ersten Gläubigerversammlung, dem Berichtstermin (§ 157 InsO) den/die Insolvenzverwalter/in) mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans zu beauftragen, dessen Ziele sie vorgibt. Sofern Eigenverwaltung (§§ 270 ff InsO) angeordnet wurde, ist der Auftrag zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans an die Schuldnerin oder den Schuldner (bei gleichzeitiger beratender Mitwirkung der Sachwalterin oder des Sachwalters) bzw. unmittelbar an die Sachwalterin oder den Sachwalter zu richten. Die Gläubigerversammlung kann ihre Ziele in späteren Gläubigerversammlungen ändern.

Die Schuldnerin oder der Schuldner kann die Vorlage des Insolvenzplans mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbinden. Der Plan muss spätestens im Schlusstermin dem Insolvenzgericht vorliegen, um berücksichtigt zu werden (§ 218 Abs. 1 Satz 3 InsO).

Wenn die Schuldnerin oder der Schuldner den Eröffnungsantrag mit dem Insolvenzgrund „drohende Zahlungsunfähigkeit“ oder „Überschuldung“ gestellt und die Eigenverwaltung (siehe dazu unten) beantragt hat und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist, dann bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag der Schuldnerin bzw. des Schuldners eine Frist (von höchstens drei Monaten) zur Vorlage eines Insolvenzplans (§ 270 b Abs. 1 InsO).

2. Bestandteile des Insolvenzplans

Der Insolvenzplan muss einen darstellenden und einen gestaltenden Teil enthalten (§ 219 Satz 1 InsO); ihm sind die 3. (Plananlagen) aufgeführten Anlagen beizufügen.

Im darstellenden Teil des Insolvenzplans ist zu beschreiben, welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Verfahrens getroffen worden sind oder noch getroffen werden sollen, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen. Ferner soll der darstellende Teil alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Planes enthalten, die für die Entscheidung der Gläubigerinnen und Gläubiger über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. Inhalt des darstellenden Teils sollte daher eine Analyse der Schwachstellen des Unternehmens sowie der in Aussicht genommenen Vermögensverteilung und Verwertung sein. Insbesondere sollte dargelegt werden, ob das Unternehmen durch Liquidation, Sanierung des alten Rechtsträgers oder durch übertragende Sanierung oder durch eine andere Lösung verwertet werden soll. Ferner ist anzugeben, wie sich die geplanten Maßnahmen auf die Befriedigung der Gläubigerinnen und Gläubiger auswirken werden.

Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans (§ 221 InsO) ist darzustellen, inwiefern die Rechtsstellung der einzelnen Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. Bei der Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan sind Gläubigergruppen zu bilden, soweit Gläubigerinnen und Gläubiger mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind (§ 222 Abs I Satz 1 InsO). Dabei ist zu unterscheiden zwischen den

  • absonderungsberechtigten Gläubigerinnen und Gläubigern, sofern in ihre Rechte eingegriffen werden soll,
  • nicht nachrangigen Insolvenzgläubigerinnen und -gläubigern (§ 38 InsO),
  • einzelnen Rangklassen der nachrangigen Insolvenzgläubigerinnen und -gläubiger (§ 39 InsO), soweit ihre Forderungen nach der grundsätzlichen Regelung des § 225 InsO nicht als erlassen gelten sollen,
  • an der Schuldnerin oder dem Schuldner beteiligte Personen, wenn deren Anteils- und Mitgliedsrechte in den Plan einbezogen werden;
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, wenn sie als Insolvenzgläubigerinnen oder -gläubiger nicht unerhebliche Forderungen geltend gemacht haben
  • ggf. Kleingläubigerinnen und Kleingläubigern sowie geringfügig beteiligten Anteilsinhabern mit einer Beteiligung am Haftkapital von weniger als 1 Prozent oder weniger als 1.000,00 EUR.

Es können auch neben den oben genannten Gruppen Gläubigergruppen gebildet werden, in denen jeweils Gläubigerinnen und Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden (§ 222 Abs. 2 Satz 1 InsO).

 Notwendig ist, die Gruppen sachgerecht voneinander abzugrenzen. Die Kriterien für die Abgrenzung sind im Plan abzugeben (§ 222 Abs. 2 Satz 3  InsO). Innerhalb jeder Gläubigergruppe sind die beteiligten Gläubigerinnen und Gläubiger hinsichtlich ihrer Rechte gleich zu behandeln (§ 226 Abs. 1 InsO). Abweichungen davon sind nur mit Zustimmung der Betroffenen zulässig. Sonderabkommen mit einzelnen Beteiligten über Sonderrechte, um ihre Zustimmung zum Insolvenzplan zu erreichen, sind nichtig (§ 226 Abs. 3 InsO).

Die Rechte der absonderungsberechtigten Gläubigerinnen und Gläubiger können durch den Plan geändert werden (§ 223 Abs. 1 Satz 1 InsO). Im gestaltenden Teil ist anzugeben, um welchen Bruchteil die Rechte gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen.

Weitere Regelungsmöglichkeiten sind u. a. in den §§ 259 Abs. 2, 263 und 264 Abs. 1 InsO enthalten.

3. Plananlagen

Dem Insolvenzplan sind gemäß §§ 229, 230 InsO Anlagen beizufügen, wenn die Gläubigerinnen und Gläubiger aus den Erträgen des fortgeführten Unternehmens befriedigt werden sollen, und zwar:

  • eine Planbilanz (§ 229 InsO),
  • eine Plan-Gewinn- und Plan-Verlustrechnung,
  • eine zustimmende Erklärung der Schuldnerin oder des Schuldners, wenn es sich bei ihr oder ihm um eine natürliche Person handelt und die Schuldnerin oder der Schuldner nach dem Plan das Unternehmen fortführen soll (§ 230 Abs. 1 InsO),
  • eine zustimmende Erklärung der Personen, die bei einer Schuldnerin, die Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien ist, die persönlich haftenden Gesellschafterinnen und Gesellschafter des Unternehmens sein sollen (§ 230 Abs. 1 InsO);
  • eine zustimmende Erklärung der Gläubigerinnen und Gläubiger, die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte oder Beteiligungen an einer Schuldnerin, die juristischen Person, nicht rechtsfähiger Verein oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (siehe § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO) ist, übernehmen wollen (§ 230 Abs. 2 InsO),
  • bei Übernahme von Verpflichtungen gegenüber den Gläubigerinnen und Gläubigern durch einen Dritten eine entsprechend Erklärung dieses Dritten (§ 230 Abs. 3 InsO).

4. Gerichtliche Prüfung

Das Gericht hat den Insolvenzplan zu prüfen und von Amts wegen zurückzuweisen (§ 231 Abs. 1 InsO), wenn

  • die Vorschriften zur Vorlage und zum Inhalt des Plans nicht beachtet wurden,
  • ein von der Schuldnerin oder vom Schuldner vorgelegter Plan offensichtlich keine Aussicht auf Annahme durch die Gläubigerschaft oder auf Bestätigung durch das Gericht hat,
  • die im Plan vorgesehene Gläubigerbefriedigung offensichtlich aussichtslos ist.

Weist das Gericht den Plan nicht zurück, holt es Stellungnahmen ein (§ 232 InsO)

  • vom Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist,
  • vom Betriebsrat und vom Sprecherausschuss der leitenden Angestellten,
  • von der Schuldnerin oder dem Schuldner, sofern die Insolvenzverwalterin oder der Insolvenzverwalter den Plan vorgelegt hat,
  • von der Verwalterin oder dem Verwalter, sofern die Schuldnerin oder der Schuldner den Plan vorgelegt hat.

Berufsvertretungen und andere sachkundige Stellen können gehört werden. Die Stellungnahmen haben innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist zu erfolgen.

Das Insolvenzgericht hat den Insolvenzplan nebst Anlagen und Stellungnahmen in der Geschäftsstelle zur Einsicht auszulegen (§ 234 InsO).

Das Gericht kann gemäß § 233 InsO die Verwertung und Verteilung aussetzen, sofern mit einer Aussetzung keine erheblichen Nachteile für die Masse verbunden sind und seitens der Insolvenzverwaltung oder der Gläubigerschaft die Fortsetzung nicht beantragt wird.

5. Abstimmung über den Plan

Sobald die im Insolvenzverfahren notwendige Prüfung der angemeldeten Forderungen stattgefunden hat (§ 236 InsO), kommt es zur Erörterung und Abstimmung der Gläubigerschaft über die Annahme des Insolvenzplanes.

Der Termin wird öffentlich bekannt gemacht durch Veröffentlichung im Internet (§§ 235 Abs. 2, 74 Abs. 2, 9 InsO). Insolvenzgläubigerinnen und -gläubiger, die Forde-rungen angemeldet haben, absonderungsberechtigte Gläubigerinnen und Gläubiger, die Insolvenzverwalterin oder der Insolvenzverwalter, die Schuldnerin oder der Schuldner sowie der Betriebsrat und der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten sind besonders zu laden; eine besondere Landung erhalten auch Personen, deren Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte in den Plan einbezogen werden. Dies gilt nicht für Aktionäre oder Kommanditaktionäre; börsennotierte Gesellschaften haben eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Plans über ihre Internetseite zugänglich zu machen (§ 121 Abs. 4 a AktG entsprechend).

Jede Gruppe der stimmberechtigten Gläubigerinnen und Gläubiger stimmt gesondert über den Insolvenzplan ab. Zur Annahme des Planes ist es gemäß § 244 Abs. 1 InsO erforderlich, dass in jeder Gruppe die Mehrheit der abstimmenden Gläubigerinnen und Gläubiger dem Plan zustimmt und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubigerinnen und Gläubiger beträgt (Kopf- und Summenmehrheit). Die Annahme des Plans muss nicht daran scheitern, dass einzelne Gruppen diesem nicht zustimmen. Die fehlende Zustimmung soll dann unbeachtlich sein, wenn die nicht zustimmenden Gläubigerinnen und Gläubiger durch den Plan nicht benachteiligt werden (§ 245 InsO).

6. Bestätigung des Plans durch das Gericht

Der Insolvenzplan bedarf der Bestätigung durch das Insolvenzgericht. Diese ist gemäß § 250 InsO von Amts wegen zu versagen, wenn die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Insolvenzplans sowie über die Annahme durch die Gläubigerschaft in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Mangel nicht behoben werden kann. Weiterer Versagungsgrund ist, dass die Annahme des Plans unlauter, insbesondere durch Begünstigung einer Gläubigerin oder eines Gläubigers, herbeigeführt worden ist.

Auf Antrag einer Gläubigerin oder eines Gläubigers ist die Bestätigung des Insolvenzplans durch das Gericht auch dann zu versagen, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dem Plan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle widerspricht und glaubhaft macht, durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt zu werden als ohne Plan (§ 251 InsO).

7. Wirkungen des bestätigten Insolvenzplans

Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Plans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein, z. B. Übertragung von Betriebsvermögen, Veräußerung von Betriebsteilen, Stundungen und Erlass von Forderungen (§§ 254 – 254 b InsO).

Die Insolvenzgläubigerinnen und -gläubiger können gemäß § 257 InsO aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan in Verbindung mit der Tabelleneintragung wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin oder den Schuldner betreiben. Daneben ist die Vollstreckung auch gegenüber Dritten (z. B. Bürgen) möglich, wenn diese in einer beim Insolvenzgericht eingereichten schriftlichen Erklärung für die Erfüllung des Plans ohne den Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Verpflichtungen übernommen haben.

Ansprüche der Insolvenzgläubigerinnen und -gläubiger gegen Dritte, z. B. Bürgen der Schuldnerin oder des Schuldners, werden gemäß § 254 Abs. 2 InsO vom Insolvenzplan nicht berührt und können daher weiterhin geltend gemacht werden.

Bürgen können jedoch keinen Rückgriff gegen die Schuldnerin oder den Schuldner für den Fall ihrer Inanspruchnahme nehmen. Sind aufgrund des gestaltenden Teils des Insolvenzplans Forderungen gestundet oder teilweise erlassen worden, so werden Stundung und Erlass für die betroffenen Gläubigerinnen und Gläubiger hinfällig, wenn sie die Schuldnerin oder der Schuldner schriftlich gemahnt und eine mindestens zweiwöchige Nachfrist zur Erfüllung des Plans gesetzt haben. Das gilt auch, wenn vor vollständiger Erfüllung des Plans über das Vermögen der Schuldnerin oder des Schuldners ein neues Insolvenzverfahrens eröffnet wird (§ 255 InsO).

Der Insolvenzplan kann eine Restschuldbefreiung für die Schuldnerinnen und Schuldner vorsehen. Die Insolvenzgläubigerinnen und Insolvenzgläubiger können dann über die im gestaltenden Teil vorgesehene Befriedigung hinaus ihre restlichen Verbindlichkeiten nicht mehr durchsetzen. Ebenso ist es möglich die Frage der persönlichen Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO: offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, Partenreederei, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien) im Insolvenzplan zu regeln.

Quelle: justiz.nrw.de